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Offener Brief und Statement zu Kalibrierung nach ISF-Standard
Stand 20.01.07
Lieber Leser,
in den vergangenen Wochen tauchten immer konfusere und spekulativere
Aussagen in diversen Foren auf, die sich um das Thema Kalibrieren in
Verbindung mit dem Stichwort ISF (Imaging Science Foundation) drehen.
Ich versuche im Folgenden die Tatsachen ein wenig zu entwirren.
Im konkreten Fall hat der von mir geschätzte und stets engagierte "Dukefelix" einen Thread
(20.01. offline) über einen Projektorenvergleich ins Rollen gebracht, der unkontrolliert zu driften beginnt. Zum
Stichwort ISF. Bereits der Wortlaut "ISF-kalibriert" im Titel
führt in die
Irre. In der Tat wurden die drei Projektoren unter
Laborbedingungen "fernkalibriert", wenngleich von mir, der ich
ISF-zertifiziert bin. Nachfolgend versuche ich unmissverständlich
zu
erklären, wie sich die Zusammenhänge zwischen Bezeichnung ISF
in Relation zur
Handhabung einer Kalbirierung korrekt darstellen.
Ja, ich habe die
vorgestellten Projektoren kalibriert, allerdings nicht für den
Test, meine Anweisung vom Eigentümer bestand darin, neutrale
Demogeräte zu schaffen. Das dumme: Nur einer der drei, der Epson,
kann im Farbraum auf Videonorm kalibriert werden - siehe CIE-Diagramme
im Forum. Damit ist er de facto nicht mehr mit dem Panasonic und dem
Sanyo vergleichbar, die eine übersättigte Farbdarstellung
liefern - siehe Diagramme: übergrosse Farbräume
(weisses Dreieck) gegenüber Norm (schwarzes Dreieck). Hätte
ich die drei wissentlich für einen Vergleich vorbereitet,
wäre der Epson ebenfalls mit seinem nativen, übergroßen
Farbraum ins Rennen gegangen.
Die von der Leinwand geschossenen Fotos zeigen stehts ein
überbelichtetes Bild vom Epson und überhaupt ganz
merkwürdige Kontraste. Das liegt daran, dass sich die
Kontrastumfänge der Projektoren nicht mit einem normalen
Fotoapparat abbilden lassen, schon gar nicht im internet-taugliches
JPEG-Format. Die Projektoren bieten ein Kontrastverhältnis von
weit
über 1.000:1. Ein JPEG-Bild besteht aus einer 8-Bit-Skala. Diese
ist überhaupt nur im mathematischen Idealfall in der Lage einen
Kontrast von 256:1 (8 Bit = 2 hoch 8 = 256) darzustellen. Die meisten
Leser und Schreiber im Forum beziehen sich auf die Fotos, die Felix
wohl besser einfach nicht veröffentlicht hätte, da sie in
keinem Falle wiederspiegeln können, was sich auf seiner Leinwand
darstellte. Das die Projektoren alle sauber gearbeitet haben
belegen die Messchriebe der Gammakurven, in denen leicht erkennbar ist,
das auch der - weil offensichtlich am hellsten - stehts zu unrecht
überstrahlt dargestellte Epson ebenso wie der Panasonic und der
Sanyo eine korrekte und fein differenzierte Helligkeitsabbildung
lieferten. Übrigens: Auch Felix weist vielfach darauf hin, das die
Fotos nicht das abbilden, was sich auf der Leinwand abspielte.
ISF zertifiziert Menschen, keine Kalibrierungen!
ISF zertifiziert Menschen, denen in mehrtägigen Schulungen und
anschließender Leistungsprüfung das Kalibrieren von
bildgebenden Geräten beigrebacht wird. Ich bin einer der wenigen
in Deutschland, denen diese Ehre zu Teil wurde. In der Online-Datenbank
der ISF (www.imagingscience.com/isf-trained.cfm)
lässt sich
jederzeit nachprüfen, wer aktuell zertifiziert ist.
Umgangssprachlich nennt man eine von einem ISF-zertifizierten Techniker
durchgeführte Kalibrierung "ISF-zertifiziert", ein solches Siegel
gibt es tatsächlich für eine Kalibrierung nicht.
ISF zertifiziert Hardware.
Die ISF zertifiziert zunehmend Hardware, beispielsweise Projektoren und
Fernsehgeräte. Diese erhalten in Lizenz das Zertifikat, wenn Sie
gewisse Mindest-Qualitätsanforderungen erreichen und über
eine nach Spezifikationen ausreichende Parameterzahl verfügen, die
es einem geschulten Techniker ermöglichen, diese bei typischer
Anwendung für eine neutrale, ausgewogene und den Standard entsprechende Wiedergabe zu kalibrieren.
ISF zertifizierte Personen können und dürfen alle Bildgeber kalibrieren
Um eine Kalibrierung durchzuführen muss das zu kalibrierende
Gerät nicht selbst ISF-zertifiziert sein. Der Techniker kalibriert
immer im Rahmen der technischen Möglichkeiten die gegebenen
Parameter der vorhandenen Hardware auf die genaueste Wiedergabe ein. ISF-zeritifizerte Bildgeber
besitzen immer zwei geschützte Speicherbereiche für Parameter
optimiert auf typische Tageslichtsituation und abgedunkelten Raum. Auch
andere, nicht zertifizierte Bildgeber lassen sich auf diese Weise
verwenden, falls deren Speicherveraltung dies zulässt.
Wann darf sich eine Justage „ISF-Kalibriert“ nennen?
Immer dann, wenn die gesamte Signalkette, vom Quellgerät bis zu
den Raumbedingungen, in einer Vor-Ort-Kalibrierung in ihrer Gesamtheit
berücksichtigt und in die Justage einbezogen ist. Welcher
Parameter wie weit von der Idealsituation abrücken darf oder
vielleicht mangels Fähigkeiten einer Hardware zur Korrektur nicht
Idealspezifikation erreicht, das ist nicht festgelegt. Wichtig ist, das
im Rahmen der technischen Möglichkeiten das maximale Ergebnis der
Gesamtperformance erreicht wird. So sind die Vorgaben der ISF.
Trotzdem, wie zuvor genannt. Es gibt kein Zertifikat für eine
Kalibrierung, nur für ausführende Personen und lizenzierte
Hardware.
Fernkalibrierung ISF-Zertifiziert?
Ich würde es nicht so nennen. Die Bedingung der
Berücksichtigung der gesamten Kette fällt bei einer Justage
im Labor weg, allerdings werden im Rahmen der technischen
Möglichkeiten des Bildgebers die Korrekturmöglichkeiten
ausgeschöpft und der Bildgeber, also Projektor oder Display,
stellt normaler Weise das schwächste Glied mit dem
größten Einfluss auf die Gesamtperformance der späteren
Kette dar. Die Kalibrierung im Labor erfolgt unter neutralen
Bedingungen mit typischer Quelle und mit direkter Messung bei geringst
möglichem Einfluss von Umgebung, Licht oder Leinwand. Ein auf diese Weise
kalibrierter Bildgeber liefert in ebenso neutraler Umgebung mit
fehlerfrei konfigurierter und normgerecht arbeitender Quelle praktisch
das gleiche Bildergebnis, wie ein vor Ort kalibriertes Exemplar. Streng
genommen darf man also nicht von einer ISF-Kalibrierung sprechen, die
Performance – korrekte Quelle, neutrale Umgebung (weiß, grau oder
schwarz gestalteter Raum) und im Falle einer Projektion
farbneutraler Leinwand vorausgesetzt – kommt ein im Labor
„fernkalibrierter“ Bildgeber auf gleiche Qualität.
Warum sehen kalibrierte Geräte dennoch unterschiedlich aus?
Ein in Foren viel diskutierter Punkt betrifft die Unterschiedlichkeit
der Bildeindrücke kalibrierter Bildgeber. Das hat verschiedene
Ursachen und bei Geräten unterschiedlicher Bauart sind identische
Bildergebnisse in Perfektion nicht erreichbar. Selbst bei baugleichen
Maschinen ist das schwierig, was jeder weiss, der einmal versucht eine
Multivisionswand oder beispielsweise einen Flugsimulator mit mehreren
Projektoren einzumessen. Differenzen im Lampenspektrum, Toleranzen bei
Filtern, optischen Bauteilen und so weiter sind bereits bei identischen
Geräten groß genug um sichtbare Unterschiede zu zeigen. In
Bauart unterschiedliche Bildgeber zeigen nie ein identisches Bild,
selbst wenn die Farbbalance bei beiden quasi deckungsgleich sind
– zu unterschiedlich sind die vielen Dutzend Parameter, die
ebenfalls ein Videobild ausmachen. So, wie sich beispielsweise auch
Autos mit identischem Motor und Fahrwerk, etwa VW Golf, Skoda Octavia
und Seat Leon, trotzdem deutlich in Fahrleistung und -eigenschaften
unterscheiden.
Grüße an alle Liebhaber guter Filme,
Raphael Vogt
Addendum, 21.01.08
Es ist schon interessant, wie trotz gelöschten Threads die
Spekulationen, Mutmassungen und Pauschalisierungen weiter gehen. Also
nochmals ergänzend von meiner Seite:
Mein Einfluss auf Einstellung und Performance auf die drei von
Dukefelix vorgestellten Projektoren endete am 24.12.07 mit deren
Abholung bei mir. Mit welchen Einstellungen, möglicher Weise eben
abweichend von meinen kalibrierten Daten, der Vergleich dann
stattgefunden hat, das weiss ich nicht. Warum der Epson, obwohl er
typischer Weise nicht auffällig heller ist als die zwei anderen,
stehts ein überbelichtetes Bild auf Felixs Fotos aufwies, weiss
ich nicht. Ich habe sie nicht fotografiert und war kein Augenzeuge.
Dies kann nur Felix beantworten. Warum ich mich bei der Justage des
Panasonic für den erweiterten Kino1-Farbraum entschied und nicht
für den Farbe1, der zumindest theoretisch dem BT.709 Videofarbraum
hätte entsprechen sollen, weiss ich nach einem Monat nicht mehr
genau. Aber korrekt: Farbe1 hätte Epson und
Panasonic deutlich näher zusammen gebracht. Mea culpa. Um der
Haarspalterei um begrifflichkeiten die Krone aufzusetzten: Nein, man
kann bei Panasonic den Farbraum im Gegensatz zu Epson nicht
kalibrieren, nur verschiedene voreingestellte Varianten wählen.
Was die Umrechnung von Kontrasten angeht: Sicher lässt sich die
Wiedergabe von JPEG-Bildern aufblasen und mehr als ein
Kontrast-"Umfang" von 256:1 zeigen, bei dem der hellste Wert mehr als
256x heller ist als der dunkelste. Davon bleibt es eine
8-Bit-Quantisierung, die nicht mehr als 256-Stufen differenzieren kann
und das ist nun mal bei der Speicherung das Limit.
Nun wünsche ich mir und allen aufgeregten Beteiligten nur noch
eins: Einen ruhigen, entspannten Filmabend mit einem erfrischenden
Getränk ohne einen Gedanken an die Technik,
Raphael Vogt :-)
Stand 21.01.2008
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